Architektur ist eine Kunst mit Aussicht. Wenn die Karosserie eines Automobils so gestaltet wird, dass sie gleich drei verschiedenen Antriebskonzepten ein Zuhause geben kann, dann ist das Modell für die Zukunft gewappnet. Hyundai legt jetzt die zweite Variante eines Trios vor, das unterschiedlichste Anforderungen auf besonders umweltverträgliche Art erfüllen will. Bereits im Oktober rollte der Ioniq Hybrid auf unsere Straßen, jetzt folgt die rein elektrische Variante und 2017 gesellt sich die Plug-in-Version des 4,47 Meter langen Fünftürers hinzu. Gestromert wird unterdessen ab 33.300 Euro abzüglich der Förderprämie für Elektrofahrzeuge von 4.000 Euro.
Gewandet ist der elektrische Ioniq identisch wie seine mit Verbrennungsmotor ausgerüsteten Kollegen. Klare Linien, ein markentypischer Kühlergrill und eigenständige Gene sind zu entdecken. Dafür gab es bereits einen Design-Preis, den Red Dot Award und serienmäßig einen Luftwiderstands-Beiwert von 0,24 cW. Innen erfrischt ein stilsicherer Materialmix die Ausstrahlung, Formen und Farben sind schlüssig kombiniert, an Bord lässt es sich aushalten.
Die entscheidende Frage jedoch - wie weit kommt der Elektrowagen? Die Reichweite kann sich sehen lassen, bei einem Normverbrauch von 11,5 kWh je 100 Kilometer und einer Kapazität der Lithium-Polymer-Batterie von 28 kWh schafft der Ioniq bis zu 280 Kilometer. Dann sollte eine 230-Volt-Steckdose in direkter Umgebung sein, um den Akku wieder aufzuladen. Das dauert eine ganz Weile, mehr als sechs Stunden sollten einkalkuliert werden.
Schneller geht das an kräftigen Schnell-Ladestationen, bei einem 100-kW-Anschluss genügen 23 Minuten um die Batterie wieder zu 80 Prozent zu befüllen. Das macht den Ioniq alltagstauglich, und auch eine Reise von Frankfurt nach München unter akzeptablen Bedingungen ist möglich. In Nürnberg sollte eine Pause eingeplant werden, um die übrige Schnellfahrstrecke an Ingolstadt vorbei problemlos absolvieren zu können.
Die Fahrleistungen sind erstaunlich. In 9,9 Sekunden beschleunigt der elektrische Hyundai von 0 auf 100 km/h. Da das maximale Drehmoment von 295 Newtonmeter schon aus dem Stand heraus anliegt, wird diese Übung subjektiv als noch zügiger empfunden. 88 kW/120 PS leistet der permanent angeregte Synchronmotor, das reicht für eine auf 165 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit.
In der Stadt sprintet der Ioniq Elektro trotz 1.420 Kilogramm Leergewicht behände und leise los, lässt hochmotorisierte Sportlimousinen ins Hintertreffen geraten. Mit ein wenig Übung kann der Chauffeur fast vollständig aufs Bremsen verzichten, wenn er mit den Schaltwippen am Lenkrad die Rekuperationsstufen der Situation beim Verzögern angemessen einstellt. Die reichen von Ausrollen bis zu kräftigem Tempoabbau. Der Akku dankt es, schlaue Fahrer gewinnen so den einen oder anderen Kilometer Reichweite wieder zurück.
Praxisgerecht sind auch die übrigen Tugenden des Ioniq ausgefallen. Dank des langen Radstandes von 2,70 Meter sind die Platzverhältnisse im Innenraum großzügig bemessen. Außerdem können mindestens 350 Liter an Gepäck mit auf die Reise gehen. Wer die Rückbanklehnen umklappt, kann 1.410 Liter transportieren. Für Sicherheit sorgen unterdessen die einschlägigen Assistenzsysteme, auf die auch im Elektroauto keiner verzichten muss. Und wer sich für das gehobene Ausstattungsniveau Style ab 35.500 Euro entscheidet, die zweite von drei Stufen, bekommt serienmäßig ein Navigationssystem dazu.
Großen Wert legt Hyundai auf den Einsatz nachwachsender Materialien bei der Fertigung des Ioniq. So bestehen die Innenverkleidungen aus bis zu 25 Prozent Zuckerrohrfasern, die Außenfarben werden auf Basis von Pflanzenölen gemischt. Und um die Bedenken manch eines Kaufinteressenten zu entkräften, gewährt die koreanische Marke umfangreiche Garantien für den Elektrowagen. Fünf Jahre auf das Fahrzeug ohne Kilometer-Begrenzung und sogar acht Jahre oder 200.000 Kilometer Laufleistung auf die Batterie. Der Nettopreis von 29.300 Euro und vor allem die akzeptable Reichweite des Ioniq könnten unterdessen manchen Zweifler von der Elektromobilität überzeugen.