Ich finde diese angeregte Diskussion sehr interessant. Wie unterschiedlich doch die Meinungen zur Teilnahme am Autoverkehr sein können und dann doch wieder nicht. Und das Fahrstil und Verhalten im Straßenverkehr durch ein Automodell so beeinflusst werden können.
Mich würde eine Mehrheit der anderen Verkehrsteilnehmer sicherlich eindeutig zu der Schleicher-Fraktion zuordnen. Nicht nur weil ich mich penibel an die Geschwindigkeitsvorgaben halte, sondern auch weil ich völlig sinnlose Geschwindigkeitsänderungen für kurze und kürzeste Streckenabschnitte erst gar nicht ausführe.
Ich habe dieses anscheinend typisch deutsche "Problem", für kürzeste Strecken eine Geschwindigkeitsbegrenzung aufzuheben, vor Kurven, Kreisverkehren, Ortseingängen, Kreuzungen oder einfach einer erneuten Geschwindigkeitsbegrenzung, noch nie verstanden. Das macht das Autofahren nicht nur hektisch und fördert Aggressionen, sondern es ist ökologisch wie verkehrssicherheitstechnisch auch völlig sinnfrei. Warum soll ich für wenige hundert Meter von 70 km/h auf 100 km/h beschleunigen, um dann z.B. auf 50 km/h am Ortseingang wieder herunterzubremsen? Und das, so können es bestimmt viele von Euch bestätigen, ist keine Ausnahme sondern eine Regel.
Im Ausland gibt es das so nicht. In Nordamerika fährt man über Meilen hinweg nur eine einheitliche Geschwindigkeit. Geschwindigkeitsänderungen sind sehr selten und dann meist auch wieder über längere Distanz. Außerdem kann ich dort dann i.d.R. auch einen guten Grund dafür erkennen, was mir in Deutschland sehr oft schwer fällt. So ist das Autofahren dort auch wesentlich entspannter und aggressivloser wie hier.
Was den neusten Diskussionsaspekt, den Grad der Beschleunigung angeht, so gehöre ich wohl in das gesunde Mittelfeld. Ich habe i.d.R. drei Striche in der Leistungsanzeige wenn ich mein Auto in Bewegung setze. Das ist eine normale Beschleunigung, bei der viele andere Autos schon nicht mehr mithalten. Im dichten Verkehr lasse ich oftmals den "intelligenten Tempomaten" mit Abstandsregulierung für mich beschleunigen. Wenn ein Fahrzeug vor mir fährt, lässt sich dieser bereits bei einer Geschwindigkeit ab 10 km/h (auf eine vorher eingestellte Geschwindigkeit) aktivieren. Das Auto beschleunigt dann in Abhängigkeit der Anfahrgeschwindigkeit des Vordermannes und reguliert zugleich den Abstand auf das gesetzliche Minimum. Sehr oft habe ich dann sogar nur zwei Striche in der Leistungsanzeige, bis das vorausfahrende Fahrzeug dann genügend Leistung zum übertriebenen Beschleunigen hat, dann macht meiner mit drei bis vier Strichen weiter. Nur auf kurzen Strecken, wenn ich alleine auf der Straße unterwegs bin und gerne mal rein elektrisch fahren möchte, dann beschleunige ich sehr sanft mit ca. zwei Strichen.
Ich kann allerdings nicht sagen das sich mein Fahrverhalten irgendwie geändert hätte, abgesehen von dem veränderten Ausrollverhalten mit Automatikgetriebe im Vergleich zum früheren Schaltgetriebe. Während ich früher sehr früh bereits den Gang rausgenommen habe und im Leerlauf längere Abschnitte "gesegelt" bin, musste ich mich beim IONIQ in der Tat etwas umstellen.
Ansonsten beschleunige, fahre und bremse ich genauso wie mit meinem Skoda Octavia zuvor. Auf langen Autobahnfahrten fahre ich 120 km/h per Tempomat, nur zum Überholen eines anderen Fahrzeuges, das sich über seine eigene Geschwindigkeit nicht einig werden kann (mal schnell mal langsam und dann wieder schneller) fahre ich auch mal schneller. Auf Land- und Bundesstraßen die eine 100 km/h-Höchstgeschwindigkeit auch mal über lange Strecken erlauben, fahre ich diese Höchstgeschwindigkeit. Auf allen anderen Land- und Bundesstraßen, die alle paar hundert Meter oder alle paar Kilometer zwischen 70 und 100 km/h wechseln, fahre ich durchgehend 70 km/h. Innerorts grundsätzlich maximal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit, angepasst an die Umgebungssituation. Alles nach Tacho plus 5 km/h, da dies dann real die entsprechende Geschwindigkeit ist (und ein kleines Beruhigungs-Bonbon für den Drängler hinter mir ). Ansonsten angepasstes Ausrollen vor einer Geschwindigkeitsbegrenzung, einem Kreisverkehr usw.
Jetzt werden einige wieder schimpfen. Aber diejenigen sollten mal eines bedenken: alles redet immer von Umweltschutz, Klimawandel und Erderwärmung. Ich bin ein absoluter Gegner dieser regelrechten "Religion", aber ich muss die Umwelt ja trotzdem nicht unnötig belasten, irgendwie möchte doch jeder eine gesunde Natur. Deswegen sehe ich es überhaupt nicht ein, für 700 Meter vor einem Kreisverkehr oder Ortseingang, nur weil da so ein weisses rundes Schild mit vier grauen Querstreifen rumsteht, auf 100 km/h zu beschleunigen. Auch bei einigen Kilometern sehe ich das noch nicht ein, wenn ich weiß das nach kurzer Fahrzeit ohnehin wieder eine Geschwindigkeitsbeschränkung kommt. Es ist ja nicht nur das Beschleunigen, was den Verbrauch und damit den Schadstoffausstoß erhöht, sondern auch der konstante Mehrverbrauch bei höherer Geschwindigkeit. Und eine Fahrzeitersparnis ist praktisch nicht messbar. Auf meinen 50 km einfacher Wegstrecke jeden Tag, komme ich trotz durchgehender 70 km/h grundsätzlich vor der bei Abfahrt vom Navi prognostizierten Zeit an. Und neben der Schonung für die Umwelt, schont das ganze sogar noch meine Nerven und meinen Geldbeutel. Und die die meinen, erst dicht auffahren zu müssen um dann regelrecht lebensmüde Überholmanöver zu starten, sieht man an der nächsten Ampel in aller Regel ohnehin wieder.
Was ich bei all meinem Fahren jedoch nie machen würde und genauso wie alle anderen hier scharf verurteile, ist plötzliches Beschleunigen wenn man überholt wird. Denn das ist nicht nur unnötig und provokant, sondern gefährdet einen selbst und andere Verkehrsteilnehmer. Bei mir kann sich jeder auf meine Geschwindigkeit einstellen und entsprechend seinen Überholvorgang planen und ausführen, denn ich fahre grundsätzlich eine einheitliche Geschwindigkeit. Was ich aber ebenso nicht leiden kann, und wo es dann von mir auch mal die schöne Xenon-Lichthupe im Rückspiegel zu sehen gibt, sind Autofahrer die meinen nach dem Überholen keinen Abstand beim Einscheren mehr einhalten zu müssen.